Das Einzige, was stört, ist der Gast

Vom Versuch, für 50 Personen in einem Lokal zu reservieren

Anruf in Stiegl’s Ambulanz, Altes AKH, Wien. Ich möchte einen Platz reservieren für voraussichtlich 50 Personen. Im Stiegl finden grundsätzlich einige Hundert Personen Platz, draussen im Gastgarten ist es herrlich zu sitzen.

“Hmm, das sind leider zu viele Personen für eine Einzelabrechnung. Wir arbeiten ab dieser Größe nur mehr mit Buffet.”

Ich: “Ah so? Voriges Jahr waren wir zweimal bei Ihnen, da hat das aber gut geklappt?”

“Wann, sagen Sie, wollen Sie kommen?”

Ich nenne das Datum.

“Ja, das ginge schon, aber … also halt nicht für einzeln zahlende Gäste.”

Ich mache den Vorschlag, dass unmittelbar nach dem Servieren doch abkassiert werden könnte. Dann sollte das mit der Zeche kein Problem sein, das Lokal macht sicher seinen gesamten Umsatz ohne Fehlbetrag.

“Das geht bei uns nicht, da gibt’s immer am Ende eine Einzelrechnung. Wieviele Personen, sagen Sie? 50? Also da müssten wir ja sogar einen eigenen Kellner dafür abstellen.”

Diese Aussage eines gastronomischen Unternehmens kommt für mich etwas überraschend. Bedeutet das, man muss ab einer bestimmten Gruppengröße den eigenen Kellner mitbringen? Darf der dann einfach so mitarbeiten? Bekommt er vorher eine Einschulung?

Ich frage nach: “Wieviele Personen dürfen denn maximal kommen bei einer Tischreservierung?”

“Also bis zu 20 in etwa. Aber 50 …. “

Ich: “Das ist natürlich schade. Das heisst ja, das wir nicht mehr zu Ihnen kommen können. Schade!”

“Hmm, ja ….”

Ich verabschiede mich und lege auf. Und frage mich, 1. wieviele Gäste zählen in Stiegl’s Ambulanz noch als willkommen, 2. ab welcher Zahl werden die Gäste zu Störenfrieden, für die sogar ein eigener Kellner abgestellt werden muss, und 3. ab welcher Menge sind Gäste dann wieder willkommen. 50 auf einen Fleck, das dürfte gerade zu viel zum Sterben und zu wenig zum Leben sein. Für die Geschäftsführung des Lokals offensichtlich nicht interessant.

Aber wer nicht will, der hat schon. Auch andere Mütter haben schöne Töchter. Eine stattliche Anzahl an Wiener Jungunternehmerinnen und Jungunternehmer macht das regelmäßige Netzwerktreffen ab nun in Lokalen, wo man sich über Gäste freut. Und lernt für’s eigene Unternehmerleben eine wichtige Lektion: das Einzige, was stört ist der Kunde.

Wie sehr stören erst 50 Kunden?

Leicht gekürzt veröffentlicht in der Kurier-Kolumne “Kopfstücke” von Herbert Hufnagl


Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert